Longieren – mehr als (an der Leine) im Kreis laufen

Beim Wort Longieren denken wir zuallererst an Pferde, die an einer langen Leine im Kreis bewegt werden. Für die Arbeit mit Hunden am Kreis ist dieser Begriff eigentlich fast irreführend, «Kreisarbeit» wäre neutraler und eine Wortneuschöpfung wie z.B. «Circle Game» bringt die Möglichkeiten dieser Beziehungsarbeit und Beschäftigung bedeutend besser auf den Punkt.

Wer kann am Kreis arbeiten und was brauche ich dafür

Ziel des «Kreiselns» ist eine harmonische Arbeit, also eine Art Zwiegespräch, zwischen Mensch im Kreis und Hund ausserhalb des Kreises, die fortgeschritten auch ohne Leine und mit grösserer Distanz ausgeführt wird.

Sobald die Junghundebasics gelegt sind kann man damit beginnen – natürlich mit an das Alter und die Konzentrationsfähigkeit angepasster Übungssequenzlänge. Aber auch ältere Hunde schätzen es, wenn sie mal etwas anderes machen dürfen. Neben dem Alter spielt auch das Temperament eine untergeordnete Rolle, da es nicht um hirnloses im Kreis herumrasen geht, sondern jeder in seinem Tempo arbeiten kann.

Material braucht es für den Kreis wenig, ein paar Zeltheringe aus dem Baumarkt oder Campingshop und Absperrband entsprechend der Kreisgrösse genügen. Will man jedoch Abwechslung ins Training bringen, sind alle möglichen «Geräte» brauchbar, dazu später mehr.

 

Mensch-Mensch Übung zum Erlernen der Basics

Da Kreisarbeit sehr viel mit Körpersprache zu tun hat, empfehle ich eine Mensch-Mensch-Übung bevor die Mensch-Hunde-Teams loslegen. Vorteil ist, der Mensch kann stressfrei üben und bekommt Feedback in «seiner Sprache». Startet er anschliessend mit seinem Hund, weiss er viel besser worauf zu achten ist und kann dadurch sicherer führen. Überzeugte Führung mit Wissen Wie auf Was reagieren ist wie überall in der Hundeausbildung von Vorteil. Wir üben das gemeinsam an den Kreis laufen, das Übersteigen des Kreisbandes, die Ansprache des Hundes, das Führen, das Rausschicken, wenn der Hund in den Kreis gekommen ist, und das Stoppen. Der Hundeführer läuft mit arbeitsbereiten Hund an den Kreis, wo der Hund abgesetzt wird. Dann übersteigt er extra etwas theatralisch das Band, um die Aufmerksamkeit des Hundes darauf zu lenken. Mit Blickkontaktaufnahme, einladender und abdrehender Körperbewegung und Ansprache des Hundes startet das Laufen am Kreis. Will ich mal stoppen genügt eine Drehung zum Hund mit gespanntem Körper und dieser wird sich automatisch zuwenden und anhalten. Probieren Sie es doch mal aus. Funktioniert bei Hund und Mensch – auch ohne Worte. Diese Basics sind übrigens unabhängig von der Aufbauvariante, die für die Kreisarbeit gewählt wird.

Varianten für den Aufbau

Für den Aufbau stehen im Laufe der Jahre verschiedenste Varianten zur Verfügung, die ein Eingehen auf den Ausbildungsstand und Präferenzen des Mensch-Hunde-Teams ermöglichen. Die bekannteste davon ist sicher das Laufen an der Leine entlang des Kreisbandes, wobei der Hund das Band als Grenze zwischen sich und seinem Menschen akzeptieren lernt. Die Leine fungiert als «Nabelschnur», grenzt also nicht nur ein, sondern gibt Auskunft über die Aktionen des Hundes: läuft er locker nebenher, zieht nach vorne oder hängt hinter dem Menschen.
Neueren Datums ist das Legen von Targets, die der Hund anläuft und mit den Pfoten darauf steht, sitzt oder liegt und wofür er dann bestätigt wird. Für die verschiedenen Positionen werden unterschiedliche Targets verwendet. Beispielsweise ein Hocker für das Stehen, ein niedriger rechteckiger Tisch für das Sitzen und ein runder Teppich für das Hinlegen. Natürlich müssen die Targets vorher mit dem Hund ausserhalb des Kreises aufgebaut und nacheinander am Kreis eingesetzt werden.
Aber auch Näpfe sind brauchbar um den Hund das Laufen ausserhalb des Kreises im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft zu machen. Bewährt hat sich hier die Kombination mit dem «Follow», wobei der Hund unter einer etwa 10 cm von seiner Schnauze entfernten Futterhand läuft. Er muss sich auf die Hand fokussieren, laufen ohne zu hüpfen und wird dafür belohnt. Nach und nach wird die Zeitdauer des Laufens bis zur Belohnung erhöht. Dann kommt eine Anzahl Näpfe hinzu. Der Hund läuft unter der Hand bis der Hundeführer kurz vor dem Napf dem Hund das Futter freigibt. Danach bindet der Hund wieder und es geht weiter zum nächsten Napf. Einziger Nachteil – man braucht jemand, der die Näpfe füllt.

Bei einer anderen Variante mit Näpfen sitzt der Hund zwischen zwei gefüllten Näpfen. Wenn er diese anläuft, darf er das Futter auf Kommando nehmen. Nach dem ersten Anlaufen bleiben die Näpfe leer und agieren quasi wie ein Target: wenn der Hund den Napf von sich aus anläuft, gibt der Hundeführer sein Belohnungswort und füllt den Napf. Mit dieser Methode lässt sich auch gut Distanz zum Hund aufbauen und das selbstständige Laufen des Hundes am Kreis trainieren.

Klappt das Laufen mit Stoppen und der Hund ist aufmerksam, können wir auch mal die Richtung aus der Bewegung wechseln. Damit sind die Basics gelegt und man kann beginnen, das selbstständige Laufen des Hundes zu fördern und spannende Sachen am Kreis einzubauen.

Ideen für Abwechslung am Kreis

Am Kreis werden mehrere Eimer verkehrt herum aufgestellt. Auf Höhe des Eimers erhält der Hund das Kommando für eine Position. Hat der Hund die Position eingenommen, legt der Hundeführer ein Guddi auf den Eimer. Der Hund behält weiterhin die Position bei. Macht der Hund Blickkontakt mit seinem Menschen, bekommt er ein Freigabesignal und darf das Guddi fressen oder sein Mensch gibt ihm das Guddi.

Haben Hunde gelernt mit den Vorderpfoten auf ein Hindernis zu steigen, können wir das Podest auch mit Wackelpads ersetzen, was bei längerem Halten der Position zusätzlich mit Muskeltraining verbunden ist.

 

Übungen mit Menschen sind immer spannend und ein Gewinn für die Teams. So kann sich eine Person einfach als Hindernis auf den Boden legen und der Hund darf darüber laufen bzw. springen. Sie kann auch auf einem Stuhl sitzen. Am Anfang geht es nur ums Vorbeilaufen, dann um das Umrunden oder einen Richtungswechsel um die sitzende Person. Eine Steigerungsmöglichkeit wäre auch, dass die Person auf dem Stuhl ein Sandwich isst und der Hund die vorher genannten Aufgaben erfüllt. Stehen zwei Personen zur Verfügung, können sie sich die Hände reichen und so einen Sprung bilden oder einen «Tunnel» zum Durchkriechen.

 

Verschiedene Kreise

Variationsmöglichkeiten bietet aber nicht nur das Drumherum, sondern der Kreis selber. Zusätzlich zu oder statt Bändern können Pylonen oder Hütchen den Kreis genauso begrenzen wie Cavaletti, Stühle oder am Boden liegende Stangen. Auch ein Kreis aus Tonnen und Tunneln kommt bei vielen Hunden sehr gut an. Schwieriger wird es wenn der Kreis Löcher hat, also Teile des Kreises offen sind. Zuerst lernt der Hund trotz Löchern ausserhalb der imaginären Kreislinie zu laufen und dann kann man ihn auch mal durch die Löcher zu sich in den Kreis rufen und auf der anderen Seite wieder hinausschicken.


Für Fortgeschrittene sind zwei oder mehrere Kreis, der Wechsel zwischen den Kreisen und das Umrunden oder Umlaufen als Acht eine mögliche Herausforderung. Will man mit Distanz und Nähe spielen, kann im Kreis auch ein weiterer Kreis gestellt werden, so dass es also eine Innen- und eine Aussenbahn gibt und der Hund je nachdem näher oder weiter weg läuft.

Bein- und Kopfarbeit für den Hund - Führarbeit für seinen Menschen

Neben Abwechslung im Training bietet Kreisarbeit eine körperliche und geistige Auslastung für unsere Hunde. Sie können lernen sich mehr auf den Menschen zu konzentrieren, also weg vom Aussenfokus, und auch die Dauer der Konzentration lässt sich merklich steigern. Damit es aber mit der gemeinsamen Arbeit am Kreis klappt, muss der Mensch seinem Hund Grenzen setzen oder ihn bei Bedarf motivieren. Er kann also lernen klar zu führen und somit seine Kommunikation mit dem Hund sogar auf Distanz zu verbessern.

Circle Game macht zufrieden und müde

Wie bei allen Beschäftigungen sollte aber auch hier Mass gehalten werden. Gerade wenn wir nur noch wenig mitlaufen, verlieren wir oft das Gefühl für die vom Hund geleistete Arbeit. Also auch hier auf Signale wie Gähnen, Züngeln, vermehrtes Schnüffeln, Gras fressen etc. achten und lieber eine Pause einlegen oder die Trainingseinheit am besten vorher beenden. 3 Sequenzen, für gut trainierte Hunde vielleicht auch 4, reichen vollkommen.

Vielleicht ist ja der eine oder andere auf den Geschmack gekommen, ich wünsche viel Spass beim Trainieren!