In der Hundeerziehung und -ausbildung treffen wir immer wieder auf das Wort "Führung".
Was ist damit genau gemeint? Wie sieht eine gute Führung aus? Brauchen Hunde überhaupt Führung?
Wikipedia zum Thema Führung
„Der Ausdruck Führung bzw. dessen Verb führen trägt im Neuhochdeutschen die Bedeutung „leiten", „die Richtung bestimmen", „in Bewegung setzen" und kommt in zahlreichen Wissenschaften vor.
Speziell in den Sozialwissenschaften bezeichnet der Begriff planende, koordinierende und kontrollierende Tätigkeiten in Gruppen und Organisationen (engl. leadership).
Übertragen auf Mensch-Hunde-Teams würde also einen Hund führen bedeuten, den Hund zu leiten, die Richtung zu bestimmen oder Aktivitäten zu initiieren. Der Mensch sollte demzufolge über
planerische, koordinative und kontrollierende Fähigkeiten verfügen.
Ohne Führung wird's schwierig
Als ein in einer strukturierten Gruppe lebendes Wesen ist Führung ein Grundbedürfnis des Hundes. Gut geführte Hunde sind entspannte Hunde. Bekommt der Hund zu wenig oder falsche Führung, wirkt sich das auf die Mensch-Hund-Beziehung und den Alltag aus. Dabei ist zu beachten, dass nicht jeder Hund die gleiche Führung braucht. Was er braucht hängt von seinen genetischen und rassespezifischen Kompetenzen ab. Grundsätzlich brauchen unsichere Hunde mehr Führung als sichere.
Das Thema "Führung" lässt sich auch an der Frage nach dem "Ideal-Chef" veranschaulichen.
Mein Chef gibt klare Anweisungen
Für den Hund heisst das, Körpersprache und Wortkommando stimmen überein. Mit Körpersprache ist für den Beobachtungsspezialisten Hund nicht nur das erlernte Sichtkommando gemeint, sondern vor allem auch die Körperspannung. Wenn wir an uns zweifeln, uns also in Frage stellen, kann uns auch der Hund nicht „glauben" und wird die gewünschte Ausführung verzögern oder gar nicht Folge leisten. Sind wir jedoch 150% überzeugt von dem, was wir tun und wollen es auf jeden Fall durchsetzen, stellt uns auch der Hund nicht in Frage. Mentale Stärke ist gefragt.
Mein Chef ist geduldig, erklärt auch mehrmals
Wenn unser Hund einer Aufforderung nicht Folge leistet, obwohl wir alles richtig gemacht haben, kann es mehrere Gründe geben. Es könnte am Ausbildungsstand des Hundes liegen. Der Hund hat das Kommando noch nicht gelernt, also noch keine Verknüpfung zwischen dem Wort/der Geste und einer bestimmten Handlung hergestellt. Eine weitere Möglichkeit ist, er kann es noch nicht in dieser Situation/Umgebung, weil ihn Gerüche, Geräusche oder visuelle Reize ablenken. Vielleicht hat er uns aber auch schlichtweg nicht zugehört. Zwischen diesen Möglichkeiten zu unterscheiden braucht schon eine gewisse Portion Wissen, Einfühlungsvermögen und Beobachtungsgabe. Und je nach dem wird die Reaktion auf die „Nicht-Ausführung" des Hundes anders ausfallen.
Mein Chef versteht mich und hört zu
Um den Hund zu verstehen, muss ich wissen, wie er kommuniziert, welche Signale er sendet. Es gibt so viele Nuancen an Mimik, Körperhaltung und Körperspannung, die auch noch rassespezifisch gefärbt sind, dass es schon etliche Stunden an Lektüre/Beobachtungen voraussetzt um zu wissen, was man sehen könnte und dies anschliessend bei Interaktionen zwischen Hunden dann auch wirklich zu sehen. Zuhören ist eine Voraussetzung für Verstehen. Es gilt also den Hund im Alltag ausgiebig zu beobachten um zu wissen, wie er in welcher Situation agiert bzw. reagiert, welche Aktionen nach welcher Körperhaltung oder -spannung folgen.
Mein Chef reagiert auch in schwierigen Situationen ruhig und gelassen
Situationen, in denen ein Hund sich mehr oder weniger unwohl fühlt, sind häufig Begegnungen im weitesten Sinn: mit Menschen oder artfremden Tieren oder Artgenossen. In unserer lauten Welt können es je nach Hundetyp natürlich auch Geräusche sein. Dass Begegnungen entspannt ablaufen können, setzt vorausschauendes Handeln und Wissen, wie der Hund sich fühlt und wie ich ihm allenfalls helfen kann, voraus.
Mein Chef ist fachlich kompetent
Für einen Hund ist dies sicher ein Mensch, auf den er sich in jeder Situation verlassen kann, was auf vorausschauen, sichern, verstehen, beurteilen, angemessen reagieren – egal, ob es sich um Korrekturen, Motivation oder Schutz handelt - basiert.
Mein Chef unterstützt mich, wenn nötig
Der wichtige Teil ist hier der Nebensatz „wenn nötig“. Der Hund möchte gefordert werden und Aufgaben selbstständig lösen können. Er lernt naturgemäss durch Versuch und Irrtum. Andererseits sollte er nicht überfordert werden. Hunde wollen also ausprobieren dürfen und auch Fehler machen dürfen, aber falls die Aufgabe (noch) nicht für sie lösbar ist mit kleinen Hilfen unterstützt werden.
Mein Chef gibt Anerkennung und Lob
Immer wieder erlebe ich wie die Menschen x-mal die Aktionen ihres Hundes mit „Nein“ kommentieren, aber wenn er es (endlich) richtig macht, kommt herzlich wenig. Dabei würde gerade jetzt das positive und innige Feedback des Hundehalters das Bestreben zur Kooperation fördern und die Beziehung stärken.
Fazit: Führen bzw. „Chef-sein" heisst also nicht – wie es in den Köpfen vieler herumspukt – mehr Rechte als die anderen zu haben, sondern scheint mit einer ganzen Menge „Arbeit“ verbunden zu sein. Dann mal los!